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Tyske Ludder – Diaspora

Wer sind die „deutschen Huren“ (norwegisch: „Tyske Ludder“)? Ein Elektroprojekt. Gegründet 1989. Aktuelle Besetzung: Olaf A. Reimers (Keyboard, Komposition, Texte), Claus Albers (Gesang) und Ralf Homann (Schlagzeug). Und was machen „Tyske Ludder“? Sie kreieren harten Lärm mit bösen, provokanten Texten. Irgendwann wurde es still um die beiden Gründer, bis sie sich 2006 durchschlagend zurückmeldeten.
Nun legen sie ein neues brachiales Werk vor. Obwohl der Titel des Albums gar nicht so brutal wirkt. „Diaspora“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie Verstreutheit. Ursprünglich trugen diese Bezeichnung die im Exil errichteten jüdischen Siedlungen nach der Zerschlagung des Reiches Juda. Das Volk Juda verstreute sich in alle Welt. Was wollen „Tyske Ludder“ mit diesem Titel ausdrücken? Hilft das Cover weiter? Der Bandname ist mit kleinen blockigen Schriftzeichen ausgefüllt. Und ein großer Davids-Stern prangt mittig. Auf der Rückseite Songtitel abgebildet auf einer geöffneten Thorarolle. Die Innenseiten zieren eine Patrone, ein rotbefleckter Plüschteddy mit nur einem Ohr, zwei vermutlich jüdische religiöse Symbole. Und die Worte „Über die Welt / durch die Dunkelheit“ rechts und links der Silhouette eines Kindes vor einem flammenden Hintergrund. Ich bin ratlos. Klezmer? Daliah Lavi? Also dann: Scheibe hinein in das Abspielgerät… und ich ziehe sofort meine ketzerischen Spekulationen zurück. Das ist eindeutig „Tyske Ludder“. Allerdings: Das Intro ist weder in deutsch, noch in englisch, sondern hebräisch. Somit besteht der Songtitel auch nur aus hebräischen Buchstaben. Aber es gibt zumindest eine Variante in lateinischen Buchstaben: Har haBait. Und das weltweite Netz übersetzt mir das als „Tempelberg“. Ein nicht gerade typischer Sound mit einer Art verfremdeten Stimme… religiös, rituell, nicht von dieser Welt. Aber keine Bange. Ab dem zweiten Stück brechen die Töne stark und laut heraus. Insgesamt fünfzehn dieser Art, mit Texten, deren Sinnverständnis sich man erkämpfen muss. Nun erleichtert die heisere Stimme von Claus Albers nicht gerade das rein akustische Verstehen. Hilfreich sind hier die niedergeschriebenen Worte. Das Nachdenken jedoch wird dem Hörer trotzdem nicht erspart. Verwirrend, verstörend, Fragen aufwerfend. In Song Nummer Zwei, welcher nun den deutschen Titel „Tempelberg“ trägt, heißt es: „Solange in den Herzen des Sternes Seele wohnt, solange es noch Hoffnung gibt, wird unser Kampf belohnt“. Da muss man doch nachdenken? Jedenfalls eine geballte Ladung deutscher Texte, nur zwei sind in englischer Sprache verfasst. Und mein persönlicher Ohrwurm ist der „Abgesang“.
Das Album „Diaspora“ vereint weit über eine Stunde hämmernde Beats, eine raue Männerstimme und provozierende Texte. EBM- und Electro-Fans werden zur vollsten Zufriedenheit bedient. Dass die Klangwelten von „Tyske Ludder“ nicht gerade hektisch variieren, wird dem kaum einen Abbruch tun.

Edith Oxenbauer
April 2011

www.tyske-ludder.de
www.myspace.com/tyskeludder