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Marc Mielzarjewicz: Lost Places - Schönheit des Verfalls

Halle – eine Stadt in Sachsen-Anhalt mit der im Land üblichen grossen Zahl an Arbeitslosen. Menschen ohne Arbeit. Menschen, die einmal Arbeit hatten. Arbeit in einer der vielen Fabriken, Produktionsstätten, Gewerbestätten. Arbeitsorte, Lebensorte – heute sind es Gemäuer, enthauptet, ausgeweidet, mit zerschlagenen Augen. Zerborstene Stahlkonstruktionen, Verankerungen einst fleissig arbeitender Maschinen, Waschräume, Büromöbel, Gleisanlagen, riesig-leere Werkhallen – Spuren von Menschen, arbeitender Menschen. LOST PLACES – an diese Orte kehrt niemand mehr zurück.

Es ist schon merkwürdig. Nach dem Krieg wurde nicht um die in Trümmern liegenden Fabriken gejammert, getrauert. Unter den weissen Tüchern der „Kapitulation“ wurden Mauern ausgebessert, Brandschäden beseitigt, Maschinenteile geschmiedet, Strom- und Wasserversorgung wieder hergestellt. Heute? Heute stehen wir wieder vor Trümmern – doch die Trauer bleibt. Hier werden keine „Ärmel hochgekrempelt“. Jahre des Schaffens scheinen vergeblich. Die Mauern haben Menschen umhüllt. Maschinen gehorchten den regsamen Händen. Hier wurde gelacht und geschimpft, die Wochenendereignisse durchgesprochen, Pläne geschmiedet. Hier wurden Werte geschaffen und Leben gelebt. Diese Gebäude erzählen jedem eine Geschichte. Jedem, der nur gewillt ist, zuzuhören. Und langsam fressen sich Abrissbagger hier und dort in Mauerwerk und Beton. Bald bleibt nichts mehr.

Das Buch ist gefüllt mit einer sehr unterschiedlichen Auswahl von Fotos. Sämtlich in schwarz-weiss und deshalb besonders eindringlich. Gebäude und Details, Maschinenteile, zurückgelassenes Mobilar oder Geschirr – im Sonnenlicht dahindämmernde Zeugen der Zeit. Einer vergangenen Zeit. Industriebauten, deren Schönheit oder Zweckmässigkeit durch den Zerfall noch unterstrichen wird.

Die Bilder sind ohne Pathos, aber voller Achtung gegenüber dem, was diese LOST PLACES ausdrücken. Die Ästhetik des Untergangs wunderbar dokumentiert.

Kurze Texte von Erik Neumann geben sachliche Informationen zur Geschichte des Gebäudes und zur Stadt. Damit wird die Aussage der Fotos sehr gut unterstrichen.

Gebäude und Menschen sind untrennbar miteinander verbunden. Beide altern. Haben wir Respekt vor dem Alter. Altern und vergehen ist notwendig, damit Neues entstehen kann.

Ein ästhetischer Genuss, der nachdenklich macht: LOST PLACES.

Erschienen im Mitteldeutschen Verlag
ISBN 978-3-89812-575-8

Text: Edith Oxenbauer
November 2008

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